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Begegnungen

Alma Mahler-Werfel  Jura Soyfer  Josef Meinrad  Leopold Lindtberg  Billy Wilder
Otto Preminger  Erwin Piscator  Louise Dumont  Max Reinhardt  Bertolt Brecht

Alma Mahler-Werfel

Im Theater an der Wien spielte Leon Askin während der Wiener Festwochen in dem von Paulus Manker mit großem Erfolg inszenierten Stück "Der Vater" von Joshua Sobol. In Joshua Sobols Polydrama "Alma A Show Biz ans Ende", das mittlerweile Kultstatus erreicht hat, tritt Askin seit 1996 jeden Sommer als Zeitzeuge auf, da er Alma Mahler-Werfel persönlich gekannt hatte.

"Wir, das waren Josua Sobol, Paulus Manker und andere, saßen in der Josefstadt im `Schnattl´, als die Rede auf Alma Mahler-Werfel kam. Ich sagte: `Ja, ich kannte Alma Mahler-Werfel. Ich lernte sie und Franz Werfel durch die Piscators in Paris kennen, ehe sie beide über die Pyrenäen aus Frankreich flohen. Alma Mahler-Werfel war außerdem eine gute Freundin meiner späteren Frau Lies.´ Worauf mich Paulus Manker sofort engagierte."

"Alma war eine interessante Frau, nicht nur, weil sie mit einigen der bedeutendsten Künstler befreundet oder verheiratet war. Sie heiratete nach dem Tod von Gustav Mahler Walter Gropius und Franz Werfel und hatte ein stürmisches Verhältnis mit Oskar Kokoschka. Das Wiener Publikum hat ihr das nicht ganz verziehen. Viele Menschen hassten sie sogar deshalb. Trotzdem war es aber so, dass man eine Generalprobe in der Wiener Staatsoper nicht begann, ehe Alma im Publikum erschien. `Ist Alma schon da?´ Man wollte nicht vorher beginnen. Warum? Weil Alma eben mit einem der größten Komponisten des 20. Jahrhunderts verheiratet gewesen war. Alma hat die Werke Mahlers erst berühmt gemacht. Denn wer kannte schon Mahlers Werke? Beethoven, Mozart, Schubert – ja. Aber Mahler? Das Wiener Publikum war nicht vorbereitet auf einen Komponisten wie Mahler. Alma hat dafür gesorgt, dass Mahler gespielt wurde – sowohl von den Wiener Philharmonikern als auch von anderen berühmten Orchestern. Es ist nur das Verdienst Almas, dass Mahler heute zum Repertoire aller großen Orchester gehört."

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Jura Soyfer

1935 lernte Leon Askin den Dramatiker Jura Soyfer kennen.

"Im August 1935 kam Hans Weigel zu mir ins `ABC´, um mir mitzuteilen, dass er nur mehr wenig Zeit fürs `ABC´ hätte. Damit ich seinen Abgang leichter verkraften konnte, brachte er auch gleich einen Ersatz mit, den er mir mit wärmsten Worten anpries: `Hier ist ein junger Mann, der regelmäßig Artikel für die `Arbeiter-Zeitung´ verfasst und auch Gedichte und Chansons fürs Wiener Werkl schreibt, der wird dir jetzt deine Mittelstücke schreiben.´ So wurde der Dramatiker Jura Soyfer im `ABC´ eingeführt.
Wenn Jura Soyfer nicht in Buchenwald an Typhus gestorben wäre, wäre er einer der bedeutendsten deutschsprachigen Dramatiker unseres Jahrhunderts geworden. Es erfüllt mich mit Stolz und Genugtuung, dass ich es war, der Jura Soyfer zum ersten Mal auf die Bühne der Kleinkunst gebracht hatte."

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Josef Meinrad

Als Leon Askin 1935 Regisseur und künstlerischer Leiter der Kleinkunstbühne "ABC" war, lernte er Josef Meinrad kennen.

"Eines Tages kam ein junger blonder Mann zu mir, der mir in einem furchtbaren Wiener Vorstadtdialekt erklärte: `I wuell a Schauspuela wern, i tua olles!´ Weiters erzählte er mir, dass er Pfarrer werden wolle und ein gelernter Tischler sei. Ich horchte auf, denn Tischler waren weit schwerer zu bekommen als Schauspieler. So engagierte ich ihn.
Der verhinderte Priester mit dem schwer verständlichen Vorstadtdialekt war der spätere Ifflandringträger Josef Meinrad."

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Leopold Lindtberg

Leopold Lindtberg war Schüler und Mitarbeiter von Erwin Piscator und später Oberspielleiter des "Städtischen Schauspiels", wo Leon Askin 1932 fünf Monate engagiert war.

"Bei einer der ersten Proben kam er zu mir und sagte: `Bei Ihnen muss man ja Eis aufhacken!´ Die Bedeutung dieser Feststellung war mir klar. Ich und alle anderen Dumont-Schauspieler waren im Dumont-Stil steckengeblieben. Von Louise Dumont zu kommen galt an manchen Bühnen als beste Reverenz, doch es gab auch viele Theater, die Dumont-Schauspieler wegen ihrer prononcierten Spielweise nicht so gern engagierten. Lindtberg vertraute aber meinem Talent und ließ mich vier wichtige Rollen spielen."

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Billy Wilder

1961 engagierte Billy Wilder Askin für seinen Film "One, Two, Three".

"Mit Billy Wilder zu filmen ist für jeden Schauspieler, der Perfektion anstrebt, eine Freude und ein Erlebnis; denn er ist ein wahrer Meister in seinem Beruf. Einige junge Regisseure und auch Schauspieler halten Wilder zwar für einen guten, aber altmodischen Regisseur. Doch was heißt altmodisch? Filme, wie sie Wilder gemacht hat, liegen nicht im Trend unserer auf Action ausgerichteten Zeit. Es gibt kaum noch Komödien im Stil von Billy Wilder. Wenn seine Intention, eine Rolle vollendet zu charakterisieren, als altmodisch gelten, dann kann ich nur mehr Raimund zitieren und sagen `Wünsch guate Nocht, do wuell i liaba Gärtner bleiben.´
Wilders Filme hatten immer eine abgerundete vollendete Handlung. In der Erzielung dieser Effekte liegt für mich das Meisterhafte eines Regisseurs."

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Otto Ludwig Preminger

1937 lernte Leon Askin bei der Josefstadt-Inszenierung von Emmet Laverys Jesuitendrama "Die erste Legion" Otto Ludwig Preminger kennen.

"Regisseur dieser Josefstadt-Inszenierung war Ludwig Otto Preminger. Dieser wurde – wegen seiner Umgangsformen auf der Bühne – von Schauspielern sehr gefürchtet. Es gab Schauspieler, die sich geweigert hatten, unter seiner Regie zu spielen.
Ich hatte das Glück, Preminger privat zu kennen; und da erwies er sich als große Persönlichkeit. Seine Menschlichkeit und Großzügigkeit sind mir bis heute in Erinnerung geblieben. Einem aus Wien geflüchteten Schauspieler, der wegen seines Akzents weder in Hollywood noch in New York Arbeit gefunden hatte, überwies er über lange Zeit hindurch monatlich höhere Dollarbeträge.
Als Regisseur kannte er sein Fach und wusste, was er dem Theater- und Filmpublikum schuldig war. Er war kein Reinhardt und auch kein Piscator, er machte publikumswirksame Inszenierungen. Als Direktor in der Josefstadt war er einer der ersten Theaterleiter, die zeitgenössische amerikanische Stücke in deutscher Sprache aufgeführt hatten.
Beinahe gleichzeitig hatten wir unsere berufliche Laufbahn begonnen – Preminger als Assistent bei Direktor Jahn in der `Komödie´ und ich als Schüler in der `Neuen Schule´. Jahre später, als ich schon amerikanischer Soldat war und meine militärische Ausbildung in Los Angeles absolvierte, besuchte ich Preminger regelmäßig am Sonntagmorgen. Wir frühstückten zusammen in Beverly Wilshire Hotel. Er saß dabei in der Badewanne und ich an einem Tischchen daneben."

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Erwin Piscator

1938 nahm Leon Askin in Paris auf Zuraten von Bertha Zuckerkandl Kontakt mit Maria Ley auf, die für ihre Unterstützung von Flüchtlingen bekannt und außerdem mit dem Regisseur und Schauspieler Erwin Piscator verheiratet war.

"Das Ergebnis meines ersten Gesprächs mit Piscator war, dass er mich für die unterschiedlichsten Tätigkeiten anstellte – als Regieassistent, Sekretär, Zuhörer, Mitarbeiter und auch als Laufbursche.
Den Menschen Piscator kannte ich zu diesem Zeitpunkt gar nicht, der Regisseur Piscator war mir aber ein Begriff. Von seiner tatsächlichen Bedeutung für das Theater hatte ich damals noch keine Vorstellung. Innerhalb kurzer Zeit wurde ich aber ein begeisterter Anhänger seiner Theaterkonzeptionen und bin es bis zum heutigen Tag geblieben.
Erwin Piscator war durch seine Kriegserfahrungen im Ersten Weltkrieg zu einem überzeugten Pazifisten geworden. Seine pazifistische Geisteshaltung kam auch in seinen Inszenierungen deutlich zum Ausdruck. Einmal sagte ich zu ihm: `Wenn Sie einen französischen Schlafzimmerschwank zu inszenieren hätten, würde dieser auch einen pazifistischen Unterton haben.´ Einen Augenblick lang schaute mich Piscator etwas verdutzt an, dann reagierte er lachend und meinte: `Du kennst mich aber gut!´"

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Louise Dumont

Louise Dumont, ehemalige Burgschauspielerin und Kollegin von Max Reinhardt, war die Gründerin und langjährige Leiterin des berühmten Düsseldorfer Schauspielhauses.

"Louise Dumont war schwer zu beschreiben und noch schwerer zu kennen. Sie war weder arrogant noch distanziert, sondern einfach unnahbar. Ihre strengen Gesichtszüge wurden von kurzem, metallgrauem Haar eingerahmt. Mit ihren tiefliegenden schwarzen Augen durchdrang sie ihre Umgebung. Louise, wie wir sie vertraut nannten, war nicht besonders groß, doch sie machte den Eindruck, als ob sie eine antike Königin gewesen wäre."

"Louise Dumont starb am 17. Mai 1932 an einem Lungenödem. Auf unserer Holland-Tournee hatte Louise sich stark erkältet und bekam eine Lungenentzündung. Trotz ihrer vom Fieber geschwächten Konstitution bestand sie darauf, ihre Rolle, die ihre letzte sein sollte, weiterzuspielen. Es war die Mutter Sorge im zweiten Teil von `Faust´. Ihr Abschied von der Bühne mit den Worten – `Da kommt er, da kommt er, der Bruder Tod´ – kam einer Vorankündigung ihres eigenen Todes gleich, der eine Woche später erfolgen sollte."

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Max Reinhardt

Als Leon Askin in der Reinhardtschen Version von "Kabale und Liebe" eine kleine Statistenrolle spielte, lernte er 1928 Max Reinhardt persönlich kennen.

"Bei der Generalprobe im Reinhardt-Theater stand ich als Diener verschüchtert in der Eingangstür zum Salon, wo der Präsident die folgenschwere Auseinandersetzung mit seinem Sohn Ferdinand hatte. Plötzlich fühlte ich die kalten stählernen Augen des Meisters auf mich gerichtet. Ich wurde nervös und bekam schwitzende Handflächen und schlottrige Knie. Er kam mir bedrohlich vor, wie er so auf mich zuging, und beinahe stockte mir der Atem. Reinhardt fixierte mich oder vielmehr meinen Dreispitz, der seiner Meinung nach nicht richtig auf meinem Kopf saß. Mit einer schnellen Handbewegung rückte er ihn etwas nach links. `Merken Sie sich das fürs Leben´, sagte er schon im Weggehen und setzte seine Probe fort. Das war für mich der erste und letzte persönliche Kontakt, den ich mit diesem genialen Menschen hatte."

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Bertolt Brecht

1946 lernte Leon Askin Bertolt Brecht kennen.

"Nur ein einziges Mal bin ich mit Brecht persönlich zusammengekommen. Es war 1946, anlässlich einer Einladung von Kadidja Wedekind, der Tochter von Frank Wedekind. Brecht war an der Bearbeitung von Wedekinds `Lulu´ interessiert. Beide – sowohl Brecht als auch Kadidja – brauchten Geld. Von diesen zwingenden Gründen abgesehen, waren sie ansonsten sehr verschieden. Brecht vertrat die Ansicht, dass `Lulu´ auch ein politisches Stück sei, worauf Kadidja beinahe einen hysterischen Anfall bekam. Was so vielversprechend begonnen hatte, endete in einem fürchterlichen Streit, der bis in die Nacht hinein dauerte. Der einzige Mensch, der von diesem Zusammentreffen profitierte, war ich. Ich hätte wahrscheinlich sonst nicht so leicht die Gelegenheit gehabt, diesen großen Mann zu beobachten und ihm zuzuhören. Natürlich lernte ich noch weit mehr über Brecht von meinem Mentor und Freund Erwin Piscator, der ja auch Brechts Mentor war."

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